Der Mensch rentiert nicht – unter dem Strich

von Jürg Müller-Muralt aus „infosperber“
Eine exemplarische deutsche Expertendebatte zur Migration zeigt nur eines klar: Der Mensch ist generell ein Verlustgeschäft.
Migrationsdebatten haben immer die gleichen Ingredienzien: Ganz viele Emotionen, ganz wenig Nüchternheit, eine gehörige Portion Fremdenfeindlichkeit – und immer wieder statistische Zahlengefechte zwischen Experten, die Objektivität herstellen sollen und es trotzdem nicht schaffen. In Deutschland hat über den Jahreswechsel gerade wieder ein kurzes Gefecht dieser Art stattgefunden.
Die in Deutschland lebenden Ausländer sorgen für ein erhebliches Plus in den Sozialkassen: So lautet der Befund einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Jeder Ausländer zahle pro Jahr durchschnittlich 3300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben als er an staatlichen Leistungen erhalte. Falsch, konterte der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung und Ökonom Hans-Werner Sinn: «Migration ist ein Verlustgeschäft». Der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte Sinn, sein Ifo-Institut komme auf «eine fiskalische Nettobilanz je Migrant von minus 1800 Euro im Jahr». Daraufhin warf «Spiegel-online» dem Ifo-Chef einen «Denkfehler» vor und brachte in der komplexen Migranten-Mathematik neue Parameter ins Spiel: Man müsse unbedingt die «Grenzkosten pro Migrant» heranziehen. Ja, schon, duplizierte Hans-Werner Sinn, nur vergässen die Autoren von «Spiegel-online», «dass zu diesen kurzfristigen Grenzkosten auch die so genannten Ballungsexternalitäten gehören».
Für aufklärungshungrige Laien geriet die Debatte in all ihren ökonomischen, mathematischen und statistischen Verästelungen langsam zu einer schwer verdaulichen Kost. Bis irgendwann der erhellende Satz des ZEW-Forschers Holger Bonin auftauchte: «Jeder Einwohner Deutschlands ist in dieser Rechnung (von Hans-Werner Sinn, JM) eine Belastung». Und zwar ganz einfach deswegen, «weil der Staat im Jahr 2012, dem Jahr der Betrachtung, mehr Geld ausgegeben als eingenommen hat, kommt man für jeden Einwohner auf negative Werte.»
Jetzt wissen wir es:
Nicht nur der Einwanderer ist ein Verlustgeschäft, auch der eingeborene Deutsche rentiert nicht.
Originaltext
Zur Ergänzung:
von Monika Maron, Auszüge aus „Die Welt“

Pegida ist keine Krankheit, Pegida ist das Symptom

Die Schriftstellerin Monika Maron ist vor Weihnachten nach Dresden gefahren, um sich ein Bild von den Demonstrationen zu machen. Sie kann die Aufregung nicht verstehen und fordert Meinungsfreiheit.
Am Montag vor Weihnachten sind mein Freund und Kollege Peter Schneider und ich nach Dresden gefahren. Wir wollten selbst sehen, was es mit dem Phänomen Pegida, das Politik und Medien in diese schäumende Aufregung versetzt, auf sich hat. Es fällt mir schwer, zu diesem Thema den richtigen Ton, die richtigen Worte zu finden, weil die Diskussion so vergiftet ist, daß mir bei jedem Satz die Wut des jeweiligen Adressaten sofort im Ohr klingt. Und wie sollte da ein Dialog zwischen Pegida und der Politik aussehen? Die Pegida-Demonstranten haben ihren Protest in die Welt geschrien, die Antworten konnten sie in den Zeitungen lesen. Was wäre da noch zu sagen?
Aber woher kommt diese Wut? Nimmt man die Pegida-Anhänger beim Wort, dann halten sie es für unsere und ihre Pflicht, Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte aufzunehmen, abgelehnte Asylbewerber aber abzuschieben, und sie fordern eine gesetzlich geregelte Einwanderung. Etwas anderes habe ich in den Reden auch nicht gehört, als ich am Montag in Dresden war.
Ob sie das wirklich so meinen, kann und will ich nicht beurteilen. Aus diesen Forderungen ließe sich aber weder Rassismus, noch Fremdenfeindlichkeit, schon gar nicht eine nazistische Gesinnung attestieren. Wenn ich das nur für Camouflage halte und ihnen diese Ansichten trotzdem unterstelle, habe ich jede Möglichkeit eines Dialogs ausgeschlossen. Das aber ist von Anfang an passiert. …
Vielleicht aber führt die reflexhafte Unterstellung, es handele sich bei Pegida nur um eine Ansammlung von Rassisten und fremdenfeindlichen Subjekten, Nazis eben, die es unter den Demonstranten zwar auch gibt, aber nicht in der Mehrzahl, vielleicht führen gerade diese Abwehrkanonaden dazu, dass die Menschen, die keine Rassisten sind, schon gar keine Nazis, sich solchem Verdacht nicht länger aussetzen wollen und statt ihrer dann andere, wirkliche Rassisten und Fremdenfeinde auf dem Platz demonstrieren. …
Wir müssen wieder lernen, andere Meinungen zu ertragen, ohne in ihren Vertretern nur Feinde und Abschaum zu sehen. Wir preisen die offene Gesellschaft und verweigern die offene Diskussion. Pegida ist nicht die Krankheit, Pegida ist nur ein Symptom.
Volltext

Über Akademie Integra

Als ich wusste, dass ich nicht wusste, was ich nicht wusste, hat mich die geistige Führung endgültig an den Rand der Verwirrung gebracht. Doch ich machte weiter, ...bis ich endlich fand!
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