Solidarische Postwachstumsökonomie: Strategien und Maßnahmen

[via Forschungsprojekt „Save our Surface“, gefördert vom Österreichischen Klima- und Energiefonds; der nachfolgende Text ist die Zusammenfassung der Handlungsempfehlungen des Schlussberichts]
von Andreas Exner, Peter Fleissner, Lukas Kranzl, Gerald Kalt, Christian Lauk, Ernst Schriefl, Werner Zittel
Erdöl ist für die gegenwärtige Wirtschaftsweise, die auf Wachstum angewiesen ist, wesentlich. Der Höhepunkt der Erdölförderung, Peak Oil trat wahrscheinlich 2008 ein. Dies ist ein Epochenbruch. Eine sozio-ökonomische Anpassung ist notwendig, um die Konkurrenz um Flächen zur Produktion biogener Kraftstoffe zu minimieren. Die dafür nötige drastische Reduktion von Energieverbrauch und wirtschaftlichem Output erfordert einen sozio-ökonomischen Strukturumbau zu einer solidarischen Postwachstumsgesellschaft, den sektorale Maßnahmen unterstützen. Interventionen zur Minimierung von direkter und indirekter Flächenkonkurrenz angesichts Peak Oil, Klimawandel und verstärkter Biomassenachfrage sind auf drei Ebenen notwendig, die zusammenhängen: (1) Demokratische Krisenpläne zur unmittelbaren Abschwächung negativer Effekte von Peak Oil. (2) Sektorale Anpassungen und (3) der Strukturumbau der Ökonomie zu einer gemeingüterbasierten solidarischen Produktionsweise erlauben eine Wachstumsrücknahme.
Peak Oil und die nachfolgenden Ressourcenverknappungen bedeuten einen Epochenbruch in der Denkweise, den Werthaltungen und Organisationsstrukturen der Gesellschaft. Er ist in seiner Dimension mit dem Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit vergleichbar. Allerdings wird er sich wegen der starken Abhängigkeit der Gesellschaft von fossilen Ressourcen und ihres hohen Grades an Interdependenz sehr viel rascher vollziehen. Ein Kollaps ist möglich, eine dauerhafte Schrumpfung des wirtschaftlichen Outputs sehr wahrscheinlich.

Die Verknüpfung von (1) demokratischen und gebrauchswertorientierten Krisenplänen mit einer (2) Rücknahme des Wachstums und dann (3) des wirtschaftlichen Outputs ist daher notwendig.

Die gegenwärtige Wirtschaftsweise unterliegt einem Wachstumszwang und -drang, den die Dominanz von Märkten mit ihrer systemischen Gewinnorientierung und Konkurrenzbestimmtheit verursacht. Dieser Wachstumsimperativ führt zu steigendem Ressourcen- und Flächenverbrauch sowie zu Nutzungskonkurrenzen[1]. Eine sozial verträgliche Schrumpfung ist die Voraussetzung einer Minimierung von Flächenkonkurrenz angesichts Peak Oil, Klimawandel und steigender Biomassenachfrage. Eine solche Schrumpfung ist innerhalb dieser Wirtschaftsweise nicht denkbar aufgrund (1) der monetären Kostenrechnung, in der eine Outputminderung als Verlust und wirtschaftlicher Misserfolg aufscheinen muss sowie (2) der allgemeinen Abhängigkeit von Geldeinnahmen. Der Staat ist, weil er seine Mittel aus Geldsteuern einer wachsenden Wirtschaft gewinnt, kein Schlüsselakteur für eine solidarische Postwachstumsgesellschaft. Historisch sind Top-Down-Maßnahmen v.a. in oder nach großen ökonomischen Krisensituationen (z.B. Große Depression) zumeist autoritär und häufig sozial-ökologisch katastrophal gewesen. Jedoch spielt der Staat eine wichtige Rolle als Ermöglicher einer Wachstumsrücknahme.
Umfassende Demokratisierung des Staats. Abgabe staatlicher Kompetenzen und Mittel an Einrichtungen der (zivil)gesellschaftlichen Selbststeuerung.
Der notwendige Wandel erfordert soziale Basisinnovationen, die in Nischen entstehen, geschützt vor dem Markt und der Intervention des Staates, und sich nach Ausreifung etablieren oder diffundieren. Diese Nischen, in denen die sozialen Basisinnovationen einer solidarischen Postwachstumsökonomie entstehen, verbinden (1) gleichberechtigte Kooperation und (2) eine solidarische Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Gesellschaft mit (3) Selbstverwaltung. Beispiele dafür sind vielfältige Formen Solidarischer Ökonomien, darunter etwa der Genossenschaftskomplex Mondragon, genossenschaftliche Regionalökonomien wie in der italienischen Region Emilia Romagna oder der brasilianische Solidarökonomiesektor. Solidarische Ökonomien sind gemeingüterbasierte Ökonomien.
Schutz und selbstorganisierte Weiterentwicklung sozialer Basisinnovationen gleichberechtigt- kooperativer Solidarischer Ökonomien auf der Grundlage von Gemeingütern .
Die sozio-ökonomische Anpassung an Peak Oil muss eine Reduktion des Energie- und Stoffverbrauchs insgesamt inkludieren, um Landnutzungskonflikte aufgrund wachsender energetischer und stofflicher Biomassenachfrage zu minimieren. Fleischkonsum (v.a. Schwein) muss drastisch reduziert und gleicher verteilt werden. Dies ist durch Förderung vegetarischer und veganer Ernährung, den Abbau der Fleischindustrie und eine Rationierung von Fleisch zu erreichen. Der energetische Biomasseverbrauch ist innerhalb der Grenzen des sozial-ökologisch verträglichen Potenzials zu stabilisieren. Dies erfordert eine kritische gesellschaftliche Diskussion und Entscheidung über Ausmaß und Einsatzbereiche biogener Energie[2]. Ein Stopp der allgemeinen gesetzlichen Beimischung zur kurzfristigen Linderung von Effekten wie Landnahme und indirekter Landnutzungsänderung ist nötig. Mittelfristig liegt die Lösung in einer radikalen Änderung von Mobilitätsmustern und damit verbundenem Ressourcenverbrauch. Der Ausbau eines öffentlichen Verkehrsystems, durch Kapital- und Vermögenssteuern finanziert, ist notwendig. Ein Umbau der Städte muss Radfahren und Fußwege fördern und den motorisierten Individualverkehr einschränken. Zersiedelungsstopp.
60%-Reduktion von Fleischkonsum. Stopp allgemeiner biogener Kraftstoffbeimischung. Vollver-sorgung der Landwirtschaft mit inländischen biogenen Kraftstoffen. Rückverteilungsorientiert steuerfinanziertes öffentliches Verkehrsystem. Rad- , Fußweg- und Wärmedämmoffensive. Zersiedelungsstopp. Deutliche Reduktion des motorisierten Individualverkehrs. Sozial-ökologisch verträglicher Ausbau erneuerbarer Energien und von Bioraffinerien. Deutliche Reduktion der Chemieproduktion. Anpassung der Stahlindustrie.
Die Landwirtschaft wird nach Peak Oil ein Schlüsselbereich. Sie ist demokratisch zu reorganisieren. Die Agrarpolitik Österreichs und der EU ist entlang der Kriterien von Ernährungssouveränität neu auszurichten. Im globalen Süden ist (kollektive) Subsistenz als die beste Garantie des Menschenrechts auf Nahrung zu stärken. Ein globales Grundernährungseinkommen ist einzuführen. Im globalen Norden sind städtische Gemeinschaftsgärten als eine wichtige Maßnahme der Peak Oil-Resilienz und einer klimafreundlichen Stadt zu fördern und auszubauen. Gemeinschaftsgärten sind gemeingüterbasierte, Solidarische Ökonomien und ein Beispiel für solidarische Landwirtschaft, die zu fördern und auszubauen ist. Kostendeckende landwirtschaftliche Produzentenpreise bei paralleler Reallohnerhöhung, Importgrenzen bei und eine Angebotsregulierung von Agrargütern sind notwendig. Die Schließung von Phosphor-Kreisläufen durch räumliche Reorganisation der Landwirtschaft (Aufhebung der Segregation von Ackerbau und Viehzucht) ist notwendig. Eine Verminderung der Abhängigkeit von petrochemischen Produkten (insbesondere Pestiziden) ist notwendig.
Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik auf Ernährungssouveränität. Dies inkludiert im Süden: (1) Stärkung kollektiver Subsistenz , (2) rückverteilende Landreformen, (3) Stopp der Landnahme. Dies inkludiert im Norden: (1) kostendeckende Produzentenpreise (bei höheren Reallöhnen), (2) Importgrenzen, (3) Angebotsregulierung, (4) Förderung krisenresilienter solidarischer Landwirtschaft wie z.B. städtische Gemeinschaftsgärten. Phosphor-Kreisläufe. Weniger Petrochemie.
Eine Demokratisierung der Raumordnung ist für eine Peak Oil adäquate demokratische Regulierung der Nutzung von Fläche, zentraler post-fossiler Produktionsfaktor, Voraussetzung. Sie muss Agrarflächen schützen und durch die Planung kurzer Wege den Energieverbrauch reduzieren helfen.
Die Raumordnung muss den Schutz landwirtschaftlicher Flächen ins Zentrum stellen. Ihr kommt eine zentrale Rolle in der Verhinderung motorisierten Verkehrsaufkommens durch kurze Wege zu.
Soziale Gleichheit ist entscheidend für die öffentliche Gesundheit, da der Statuswettbewerb in sozial polarisierten Gesellschaften krank macht[3]. Sie ist auch entscheidend für eine weitgehende Reorganisation der Produktion und eine sozial verträgliche Schrumpfung des wirtschaftlichen Outputs, die demokratisch legitimierbar ist. Ein bedingungsloses Grundeinkommen – monetär oder in Form öffentlichen Zugangs zu den Gebrauchswerten der Daseinsgrundfunktionen (Wohnen; Arbeiten; Nahrung, Kleidung und Gesundheitsversorgung; Bildung; Erholung; Gemeinschaftlichkeit; Entsorgung; Teilnahme an Verkehr und Kommunikation) – ist eine dafür optimale Maßnahme. Sie ist auch die beste denkbare Garantie des Menschenrechts auf einen angemessenen Lebensstandard sowie sozial effizient (treffsicher). Ein Grundernährungseinkommen ist menschenrechtlich für Österreich gemäß UN-Sozialpakt verpflichtend. Weitere Rückverteilung ist nötig um Peak Oil sozial abzufedern: (1) eine gerechtere Verteilung zwischen unbezahlt(en) und bezahlt(en) Arbeiten(den) und (2) eine deutliche Reduktion der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit mit Lohnausgleich und einer Anhebung der Reallöhne der unteren Einkommensschichten[4].
Eine solidarische Postwachstumsökonomie erfordert parallel den Ausbau und die enge Koppelung von individueller Verantwortung und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten. Dies ist über (3) eine Rückverteilung der Entscheidung über Investitionen und den Einsatz von Produktionsmitteln in Form demokratischer Steuerungsgremien zu erreichen.
Rückverteilung von Einkommen und Entscheidungsmöglichkeiten inkl. einer deutlichen Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit mit Lohnausgleich.[5] Bedingungsloses Grundeinkommen oder bedingungsloser Zugang zu Gebrauchswerten der Daseinsgrundfunktionen.
Der Königsweg zu einer solidarischen Postwachstumsökonomie ist der Aufbau Solidarischer Ökonomien durch Diffusion innovativer Nischen, in denen sie expandiert. Dies dient dem Strukturumbau der Ökonomie: einer strukturellen Veränderung der zentralen sozio-ökonomischen Beziehungsformen im Unterschied zu einer Veränderung von Verteilungsrelationen innerhalb davon. Soziale Basisinnovationen sind Produktionsweisen, die auf (1) demokratischer Selbstverwaltung, (2) gleichberechtigter Kooperation und (3) solidarischen Außenbeziehungen inkl. demonetarisierter Formen des Stoffwechsels beruhen.
Während (1) demokratische Krisenpläne Daseinsgrundfunktionen schützen und die miteinander zusammenhängenden Momente individueller Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten stärken, erlauben (2) soziale Basisinnovationen die Rücknahme von Wachstum und die Erreichung eines dynamischen Steady State konstanten Material- und Energiedurchsatzes. Soziale Basisinnovationen sind zum Teil notwendig, um technische, sektorale Maßnahmen der Energieverbrauchsreduktion wirksam zu machen. Soziale Basisinnovationen erlauben eine Minimierung von Reboundeffekten, die in der gegenwärtigen Wirtschaftsweise Effizienzgewinne systembedingt kompensieren oder überkompensieren. Darüberhinaus erlauben soziale Basisinnovationen, da verstärkte Partizipation, Kooperation und Gleichheit ihr Kernelement darstellt, eine bewusstere Steuerung gesellschaftlicher Dynamiken wie des Energieverbrauchs und der dafür wesentlichen Raumordnung, Landwirtschaftspolitik und Investitionslenkung.
Soziale Basisinnovationen sind in Verbindung mit einer demokratischen Wirtschaftslenkung dafür entscheidend, die zunehmend knappen nicht-erneuerbaren Ressourcen, die für den Aufbau erneuerbarer Technologien essenziell sind, demokratisch und in Übereinstimmung mit den Menschenrechten zielgenau einzusetzen. Nach Peak Oil besteht ein Trade-Off zwischen dem Konsum und der Investition nicht-erneuerbarer Ressourcen. Dieser Trade-Off kann nur durch demokratische Investitionslenkung mit Hilfe einer Ausweitung sozialer Basisinnovationen menschenrechtskonform balanciert werden.
Soziale Basisinnovationen ermöglichen mehr Lebensqualität mit weniger Energieverbrauch: durch (a) mehr Befriedigung in der Arbeit – was kompensatorischen Energieverbrauch (Warenkonsum) einschränkt; durch (b) eine demokratische, nicht am Profit und an der Konkurrenzfähigkeit, sondern an den konkreten Bedürfnissen orientierte Steuerung der Produktion – was den Zwang, ständige Überschüsse und damit wachsende Energieverbräuche zu generieren, aufhebt und es erlaubt, das Niveau des Energieverbrauchs in der Produktion dauerhaft zu reduzieren und dann konstant zu halten; durch (c) den Ausbau kollektiven Konsums (übergreifende Gemeingüter) – was mehr Lebensqualität schafft bei weniger Energieverbrauch; durch (d) eine Einschränkung des Statuswettbewerbs, der nach individuellem materiellen Zugewinn verlangt – was in größerer gesellschaftlicher Gleichheit und damit besserer öffentlicher Gesundheit resultiert.
Aufgrund der erweiterten individuellen Gestaltungsmöglichkeiten im solidarökonomischen, gemeingüterbasierten Rahmen werden die Voraussetzungen für eine erhöhte individuelle und kollektive Verantwortlichkeit hinsichtlich von Energieverbrauch möglich.[6] Ein Fokus muss auf der rechtlichen Förderung solcher Organisationsformen liegen und darauf, Produktionsbereiche in demokratischere und bedarfsorientierte Unternehmensformen überführen zu können, die in kooperative Netze der Steuerung von Produktion und Konsum eingebettet sind. Dabei sind Instrumente der demokratischen Wirtschaftslenkung (Investitionsräte, Losdemokratie, demokratische Banken, partizipative Budgets) hilfreich.
Die durch Markt und Geld bedingten Wachstumstreiber erfordern eine Demonetarisierung von Produktion und Verteilung durch gemeingüterbasierte Wirtschaftsweisen. Diese werden in Nischen sozialer Basisinnovationen vorbereitet und müssen in kollektiv-arbeitsteiligen Netzwerken der solidarischen Produktion selbstorganisiert verbreitet werden. Der Staat hat dies durch rechtliche Rahmengebung (Steuerbefreiung, Abbau von Vorschriften etwa im Bereich Saatgut, Hygiene etc., die kleinteilige und nicht-kommerzielle Produktion hemmen) und die Unterstützung von öffentlichen, nicht-staatlichen und nicht-kommerziellen Freiräumen der Selbstorganisation (etwa an den Universitäten) zu fördern.
Eine solidarische Postwachstumsökonomie erfordert die Weiterentwicklung gemeingüterbasierter sozialer Basisinnovationen und eine demokratische Wirtschaftslenkung.
Abbildung 1 illustriert die Ursachen und Folgen von Wirtschaftswachstum, das auf der Akkumulation von Kapital (Geld) beruht. Abbildung 2 zeigt, wie (1) Krisenplanung, (2) Anpassung und (3) Strukturumbau ineinandergreifen. Die o.g. sektoralen Maßnahmen sind Teil dieser Perspektive und werden z.T. erst durch Diffusion sozialer Innovationen möglich, z.T. unterstützen sie diese. Tabelle 1 fasst die Zielhierarchie der empfohlenen Maßnahmen zusammen.
Abbildung 1: Maßnahmen zum Aufbau einer solidarischen Postwachstunmsökonomie. Rot. Momentane Wirtschaftsweise, von der Akkumulation abstrakten ökonomischen Werts (Kapital) bestimmt. Grün: Maßnahmen zur Entwicklung einer solidarischen Postwachstumsökonomie. Blau: Reduktionswirkungen auf die gegenwärtige Wirtschaftsweise. Verbindungslinien zeigen wechselseitige Abhängigkeiten. Pfeile symbolisieren Kausalbeziehungen. (Eigene Darstellung)
Abbildung 2: Normative Zeithorizonte der Solidarischen Postwachstumsökonomie. Kurzfristiger Fokus auf demokratischer Krisenplanung, sektorale Anpassung erfolgt mittelfristig, etwas längerfristig der Strukturumbau der Ökonomie. Die Krisenplanung stellt Weichen für den Strukturumbau, dieser beginnt in den existierenden Nischen sozialer Basisinnovationen. Sektorale Anpassungen benötigen den Strukturumbau und umgekehrt. Eine demokratische Krisenplanung erfordert bereits jetzt die Nutzung sozialer Basisinnovationen des Strukturumbaus. (Eigene Darstellung)
Tabelle 1: Zielhierarchie der Handlungsempfehlungen angesichts von Peak Oil, wachsender Biomassenachfrage und steigender Nutzungskonflikte.
Übergeordnete Ziele Konkrete Ziele angesichts Peak Oil und Flächenkonkurrenz Maßnahmen/Interventionen
Menschenrechte verwirklichen durch soziale Gleichheit und SicherheitGesellschaftliche Emanzipation durch enge Koppelung von Verantwortung und Gestaltungs-möglichkeit Demokratische Krisenpläne
Abwehr negativer Effekte von Peak OilWeichenstellung für Strukturumbau Langfristige Bevorratung essenzieller Güter (Nahrungsmittel, Medikamente etc.)Aufbau lokaler, (teil)autarker Produktionsreserven (Nahrungsmittel, Transportkapazitäten, Gesundheitsversorgung etc.)Planung demokratischer und menschenrechtlich erforderlicher garantierter Zuteilungsmechanismen essenzieller Güter im Krisenfall
Sektorale Anpassungen
EnergieverbrauchsreduktionFlächenverbrauchsreduktionDefinition von Tools und technischen Zielen zur Umsetzung im Rahmen demokratischer Krisenpläne und des Strukturumbaus der Ökonomie

Sozial verträgliche Gestaltung der Wachstumsrücknahme durch erhöhte gesellschaftliche Flexibilität und erhöhten sozialen Zusammenhalt

Ernährung und Landwirtschaft:Ca. 60%-ige Reduktion des Fleischkonsums, 100%-ige Versorgung der Landwirtschaft mit inländisch produzierten biogenen Kraftstoffen, Aufhebung allgemeiner biogener Kraftstoff-Beimischung, Ausrichtung der Agrar- und Nahrungsmittelpolitik Österreichs und der EU auf Ernährungssouveränität inkl. Stärkung kollektiver Subsistenz im Süden durch rückverteilende Landreform, Stopp der Landnahme für die Exportproduktion und endogenen Aufbau von Produktionsmitteln und Wissen; höhere Produzentenpreise (parallel höhere Reallöhne), Importgrenzen und Angebotsregulierung im Norden; Ausbau städtischer Landwirtschaft mit Fokus Gemeinschaftsgärten; geschlossene Phosphor-Kreisläufe; weniger PetrochemieVerkehr:Rückverteilungsorientiertes steuerfinanziertes ÖPNV-System, Rad/Fußwegoffensive, deutliche Reduktion motorisierten IndividualverkehrsRaumordnung: Absoluter Schutz landwirtschaftlicher Flächen, Netto-Versiegelungsverbot, Planung kurzer Wege

Sicherheit und Gleichheit: Rückverteilung von materiellem und finanziellem Reichtum, gerechte Verteilung von Arbeit, deutliche Erwerbsarbeitszeitreduktion mit Lohnausgleich, bedingungsloses Grundeinkommen oder bedingungsloser Zugang zu den Gebrauchswerten der Daseinsgrundfunktionen

Weitere energie- und flächenverbrauchsrelevante Maßnahmen: Wärmedämmoffensive, sozial und ökologisch verträglicher Ausbau erneuerbarer Energie und von Bioraffinerien, deutliche Reduktion der Chemieproduktion, Anpassung in der Stahlindustrie

Strukturumbau der Ökonomie
WachstumsrücknahmeDemokratisierungSteady State Demokratische WirtschaftslenkungGemeingüterbasierte, solidarische Ökonomien inkl. Demonetarisierung
[1] Gemäß Forschungsauftrag konzentrieren sich die Handlungsempfehlungen auf unmittelbar für eine Minimierung von Flächenkonkurrenzen angesichts Peak Oil relevante Interventionen. Weitere wesentliche Maßnahmen im Bereich der Gebäudesanierung, dem Aufbau erneuerbarer Technologien, des Phosphor-Recyclings und der Anpassung der Stahlindustrie werden nicht vorrangig beleuchtet, da sie nicht Gegenstand vorliegenden Forschungsprojektes waren und durch andere Forschungen gut abgedeckt sind. Unmittelbar flächenrelevant ist die Transformation der Petrochemie, die jedoch in technischer Hinsicht außerhalb des Forschungsauftrags liegt.
[2] Biomasse-Wärme vs. Strom aus Biomasse-KWK vs. Beimischung biogener Kraftstoffe im Verkehrssektor
[3] Einkommensungleichheit ist im Vergleich der reichen Staaten (ähnlich im Vergleich der 50 Bundesstaaten der USA) statistisch fast linear mit Indikatoren des öffentlichen Gesundheitszustands und Sozialindikatoren korreliert, während das durchschnittliche BIP pro Kopf nicht nur keinen signifikanten, sondern gar keinen Zusammenhang damit zeigt (siehe Kapitel 5.1.3).
[4] Die Lohnquote betrug in Österreich 2008 nur ca. 57% (Fleissner 2010), ausführlich Kapitel 3.3.3. Die Einkommen der reichsten 10% der Einkommensbezieher betrugen 2006 rund 30% aller Bruttolöhne und -gehälter (ÖGPP 2008). Positive Netto-Investitionen benötigen im Kapitalismus ohne Kreditfinanzierung positive Netto-Gewinne. Brutto-Investitionen werden zum Teil aus den Abschreibungen finanziert. Im Steady State basieren sie auf sektoraler Ressourcenumverteilung. Im Degrowth ist ein Netto-Disinvestment notwendig.
[5] über dessen notwendiges und mögliches Ausmaß in diesem Projekt keine Aussage getroffen werden kann
[6] Kollektive entsteht aus individueller Verantwortlichkeit. Unternehmen sind die entscheidenden Schnittstellen zwischen Ressourcenentnahme und Verbrauch. Momentan besteht keine kollektive Verantwortlichkeit hinsichtlich des Verbrauchsniveaus, da es keine individuelle Verantwortlichkeit im Unternehmen gibt. Das Management ist nur gegenüber dem anonymen Markt bzw. seinen Repräsentanten (Shareholder) und anonymen gesetzlichen Regelungen „verantwortlich“. Es hat systemisch kein Eigeninteresse an sozial-ökologischer Verträglichkeit. Die Lohnabhängigen sind weisungsgebunden und daher noch weniger in der Lage Verantwortung zu zeigen. Arbeitsverhältnisse prägen auch das „private“ Verhalten. Es ist nicht zu erwarten, dass die Haushalte sich verantwortlicher als die Unternehmen verhalten. Vergleichbares lässt sich in der Frage demokratischer Einstellungen empirisch feststellen. Diese sind in demokratischen Unternehmen stärker ausgeprägt als in nicht-demokratischen Unternehmen. Dies ist auf die Prägung der allgemeinen Einstellung der Individuen zur Gesellschaft durch die Struktur der Unternehmen zurückzuführen (Weber et al. 2009, Moldaschl et Weber 2009).
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Als ich wusste, dass ich nicht wusste, was ich nicht wusste, hat mich die geistige Führung endgültig an den Rand der Verwirrung gebracht. Doch ich machte weiter, ...bis ich endlich fand!
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