Vollgeld-Initiative Schweiz – Teil 3

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Vorteile des Vollgeldes

Geldherstellung der Banken wird beendet
Der Ökonom Richard Werner, der an der Universität von Southhampton Internationales Bankgeschäft lehrt, hatte 2012 in Frankfurt eine Umfrage mit tausend Bürgern durchführen lassen. Es wurde die Frage gestellt: „Wer macht und verteilt Geld?“ 84% der Befragten dachten, dass entweder die Zentralbank oder die Regierung das Geld in Umlauf bringe und darüber entschiede, wer es bekäme. Auf die Frage „Würden Sie einem System zustimmen, in dem die Mehrheit der Geldmenge durch meist private, auch profitorientierte Unternehmen produziert und verteilt wird und nicht durch staatliche Organe?“ antworteten 90 Prozent der Befragten mit: „Nein, das wollen wir nicht.“ (1)
Leider funktioniert unser heutiges Geldsystem aber genau so! Die Zentralbanken erzeugen das Papiergeld, die Münzen werden von der Regierung hergestellt. Doch 90 Prozent des existierenden Geldes produzieren die Banken, nämlich alles elektronische Giralgeld auf unseren Girokonten. Hier die offiziellen Zahlen: In der Schweiz gab es von 2003 bis 2012 im Durchschnitt 340 Milliarden CHF (Geldmenge M1). Von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kamen 40 Milliarden Bargeld, die Banken erzeugten 300 Milliarden Giralgeld, also etwa 90 Prozent aller CHF.
Die Geldherstellung der Banken geht einfach. Sie buchen mit Computern Zahlen auf Konten. In der Fachsprache heißt das Bilanzverlängerung. Genau so erklärte es die SNB auf der iconomix-Fachtagung 2013. Hier können Sie die Präsentation nachlesen. (2) Von der Deutschen Bundesbank wird die Giralgeldschöpfung der Banken in einer Broschüre allgemeinverständlich beschrieben. (3)
Die FAZ hat dazu eine schöne Graphik erstellt. Auf dieser sieht man, wie das von Banken erzeugte elektronische Giralgeld durch die Wirtschaft zirkuliert, wobei nur wenig Geld der Zentralbank benötigt wird.Mit der Vollgeldreform wird die Herstellung von Schweizer Franken durch private, profitorientierte Unternehmen beendet.
Nachteile des Schuldgeldsystems werden vermieden
Es gibt zwei Möglichkeiten, neues Geld in Zirkulation zu bringen.
1. Schuldfreie Ausgabe: Die Bezahlung von öffentlichen Ausgaben durch neues Vollgeld war immer üblich. Über Jahrtausende bezahlten Könige, Fürsten, Kantone und Städte mit neu geprägten Münzen ihre Aktivitäten. Danach wanderten diese Münzen von einem zum anderen.
2. Bankkredite: Heute haben Bankkredite das schuldfrei ausgegebene Vollgeld weitgehend verdrängt. Mit jedem Kredit oder Kauf von Wertpapieren erzeugen Banken neues Geld und bringen es so in Umlauf.
Sir Mervyn King, der Präsident der Bank of England von 2003-2013 sagte: „Von allen Möglichkeiten das Bankwesen zu organisieren, ist die Schlechteste die, die wir heute haben.“ (4) Dazu gehört auch das Schuldgeldsystem mit seinen grossen Nachteilen.
Schuldenzwang: Es gibt keine Guthaben ohne Schuldner und keine csm_Zwang_Handschellen__c__nito_-_Fotolia.com_59a2d05a89Entschuldung ohne Vermögensabbau.
Da heute Geld fast ausschließlich durch Kredite der Banken entsteht, gibt es Schulden und Guthaben in gleicher Höhe. All das Geld, das wir benützen ist in Wirklichkeit eine Kreditforderung, doch das steht nicht auf den Banknoten und Kontoauszügen. Wir meinen, dass das Geld für sich da sei, doch das ist falsch! Jedem Guthaben steht ein Schuldner gegenüber. Wenn Sie 100 CHF in Ihrem Geldbeutel oder auf dem Girokonto haben, hat irgendjemand 100 CHF Schulden. Deshalb bleiben Schulden immer notwendig, auch wenn sie nicht sinnvoll sind. Denn würden alle Schulden getilgt, gäbe es keine Guthaben und somit auch kein Geld mehr, womit die Wirtschaft zusammenbrechen würde. Deshalb geht eine Staatsentschuldung im heutigen Geldsystem nur, wenn entweder Private oder Unternehmen sich noch mehr verschulden oder Geldvermögen abgebaut werden. Mit der Vollgeldreform kommt das Geld wieder überwiegend durch öffentliche Ausgaben schuldfrei in Umlauf. Damit wird das Geld ein positiver und schuldfreier Wert und es gibt Geldvermögen ohne Verschuldung.
csm_Brennendes_Geld__c__lolloj_-_Fotolia.com_41944d0b1cGigantische Steuerverschwendung: Neu geschaffenes Geld steht nicht für öffentliche Ausgaben zur Verfügung.
Wenn das Geld durch Bankkredite in Umlauf kommt, steht es dem Staat und die Bürgerinnen und Bürger nicht für Ausgaben zur Verfügung. Diese verlieren bis zu 300 Milliarden CHF und müssen stattdessen sogar noch Zinsen dafür bezahlen, damit überhaupt ausreichend Geld in Umlauf kommt! Das ist eine Verschleuderung öffentlichen Reichtums und widerspricht dem staatlichen Sparsamkeitsgebot. Mit Vollgeld profitiert die Allgemeinheit an der Geldschöpfung und niemand muss dafür bezahlen, dass Geld in Umlauf ist.
Umverteilung: Allein die Bereitstellung des für die Wirtschaft notwendigen csm_Kluft_Reich_Arm__c__beermedia_-_Fotolia.com_aea4e99c39Geldes führt zu leistungslosen Kapitaleinkommen in Milliardenhöhe und zu stetig wachsenden Geldvermögen.
Bei angenommener Verzinsung von 2% und durchschnittlich 300 Milliarden CHF Geldmenge werden die Bürgerinnen und Bürger jährlich mit sechs Milliarden CHF belastet. Diese Zinsen fließen vorrangig zu schon bestehenden Geldvermögen, womit sich die Kluft zwischen Arm und Reich vergrössert. Mit Vollgeld wird diese leistungslose Umverteilung beendet.
Schuldenfalle: Wachsende Geldvermögen führen notwendigerweise zu csm_Schuldenfalle_c__Schlierner_-_Fotolia.com_e273570ed1mehr aussichtslosen Schuldnern.
Je mehr Geldvermögen, umso mehr Verschuldung in der Gesellschaft ist notwendig. Es wird immer schwieriger, schuldenfrei zu bleiben, denn das Geld für die Schuldentilgung kann nicht verdient werden. Damit genügend Geld im Umlauf bleibt, muss auch der Staat einspringen und wird so in die Verschuldung gedrängt. Mit Vollgeld muss sich niemand verschulden, damit Geld vorhanden ist.
Unordnung: Nationalbank kann Geldmenge kaum steuern.csm_Steuerlosigkeit__c__fotomek_-_Fotolia.com_450de07934
Allein die Banken entscheiden durch ihre Kreditvergabe, wieviel Geld im Umlauf ist. Die Nationalbank kann die Geldmenge nicht direkt steuern, sondern versucht durch die Höhe des Leitzinses darauf Einfluss zu nehmen. Das funktioniert nur schlecht, denn die Zinshöhe ist nur ein Faktor unter vielen bei Kreditentscheidungen. Meistens produzieren die Banken zuviel Geld, was zu Inflation und Finanzblasen führt. In der Schweiz stieg die Geldmenge M1 von 1990 bis 2012 jährlich um 7,8 Prozent an, obwohl die Wirtschaft nur um 1,4 Prozent wuchs. Mit Vollgeld kann die Nationalbank die Geldmenge genau steuern, denn nur sie entscheidet, wieviel Geld in Umlauf kommt.
Finanzblasen: Neues Geld fließt mehr in spekulative Finanzmärkte als in die Realwirtschaft.
csm_Luftballon_Fotolia_1395719_XS-248x300_c8b5edc6e5Bankkredite bekommen vor allem reiche Menschen und Unternehmen und auch nur, wenn sie damit Finanz- oder Sachanlagen kaufen, die als Kreditsicherheiten benötigt werden. Das ist ein grosses Problem für alle Zentralbanken. Wenn diese den Leitzins senken und die Banken deshalb mehr Kredit ausreichen können, landet dieses Geld nur wenig in der Realwirtschaft. Anstatt dass die Wirtschaft in Schwung kommt und die Arbeitslosenzahl sinkt, werden Finanzblasen gefüttert. Mit Vollgeld kommt Geld überwiegend schuldfrei durch Staatsausgaben oder durch Zuteilung an die Bürgerinnen und Bürger in Umlauf und stärkt so vor allem die Realwirtschaft.
Konjunkturzyklen: Die Geldmenge ist ständig instabil und Wirtschaftskrisencsm_Bankenkrise__c__ag_visuell_-_Fotolia.com_19075ba6f1 drohen.
Mit übermäßiger Kreditvergabe oder Auflösung von Ansparungen explodiert die Geldmenge und es gibt Finanzblasen und Inflation. Mit übermäßigen Kredittilgungen oder Ansparungen verschwindet das kaufkräftige Geld und Rezession und Deflation entstehen. Da die Zentralbanken die Geldmenge kaum steuern können, schwankt die Weltwirtschaft manisch-depressiv zwischen Spekulationsblasen und Rezession hin und her. In vielen Eurostaaten verdoppelten sich vor 2008 die Immobilienpreise innerhalb weniger Jahre, dann platze die Blase und es entstand in vielen Ländern eine Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent! Seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre versuchen die Staaten die Schwankungen der Geldmenge durch Konjunkturpolitik auszugleichen, was viele Staaten in die Überschuldung drängte. Mit Vollgeld bleibt die Geldmenge stabil, das dämpft die Konjunkturzyklen, hält die Wirtschaft in ruhigem Fahrwasser und die Staaten müssen weniger Konjunkturpolitik machen.
Instabilität: Das Schuldgeldsystem verstärkt mit einem Multiplikatoreffekt den Aufschwung und csm_Instabilitaet__c__fotogestoeber_-_Fotolia.com_f6b704069cden Abschwung.
Das Schuldgeldsystem drängt von sich aus in die Extreme und aus dem Gleichgewicht. Übermäßige Schwankungen der Geldmenge sind systemimmanent. Rolf Gocht war im deutschen Wirtschaftsministerium Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik und dann bis 1975 acht Jahre Direktor der Deutschen Bundesbank. „Ich erlebte Glanz und Elend monetärer (und anderer) Konjunkturpolitik aus der Nähe, mitgestaltend und miterleidend.“ Er veröffentlichte 1975 eine weitsichtige Studie, in der er für Vollgeld plädiert (5). Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass ein natürliches gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht nicht möglich ist, solange das Geld durch Kredite geschöpft wird. Unsere Geldordnung führt zur „Unstabilität im Wirtschaftsablauf“. Die Regierungen versuchen das mit Konjunkturpolitik und staatlichen Ausgabenprogrammen auszugleichen, was aber nur „mühsam und unvollkommen“ gelingt. Die Unstabilität tatsächlich auszuschalten „verlangt eine neue Geldordnung“, in der das Geld durch direkte Ausgaben des Staates in Umlauf kommt.
Rolf Gocht beschreibt, dass im Schuldgeldsystem jede Änderung der Geldmenge eine sich selbst verstärkende Wirkung hat. Bei einer Erhöhung oder Reduzierung der Geldmenge wird „ein kumulativer Prozess eingeleitet, der vom Gleichgewicht des Kreislaufs immer weiter wegführt.“
Mit Vollgeld gibt es keine Auf- oder Abschwungverstärkung, sondern die ruhige Mitte wird gestärkt.
Wachstumsdruck: Von Unternehmen geht der Geldkreislauf aus, das führt zucsm_Wachstumsdruck__c__fotomek_-_Fotolia.com_08d02a4296 einer angebotsorientierten Wirtschaft auf Kosten der Umwelt. Überschießende Geldproduktion erzeugt zusätzlichen Wachstumszwang.
Nur wenn Unternehmen Kredite aufnehmen und produzieren, ist heute Geld für den Konsum vorhanden. Damit Unternehmen Kredite bekommen, müssen sie sich von Investoren abhängig machen, die hohe Gewinnerwartungen haben und zu einem ewigen Wirtschaftswachstum antreiben – was aber in einer endlichen Welt nicht möglich ist. Da die Banken die Geldmenge durchschnittlich um jährlich acht Prozent vergrösserten, entstand ein stetiger Überdruck in der Wirtschaft. Mit schuldfrei ausgegebenem Vollgeld werden die Bedürfnisse der Menschen wieder zum Ausgangspunkt des Geldkreislaufes. Unternehmen können leichter Eigenkapital bilden und sind weniger von fremden Investoren abhängig. Da mit Vollgeld das Geldwachstum dem Wirtschaftswachstum angepasst werden kann, ist auch eine Wirtschaft ohne Wachstum stabil.
Vollgeld ist einfach und verständlich
Mit der Umstellung des Giralgeldes in Vollgeld bekommen wir das, was die meisten meinen, was wir schon hätten. Denn Münzen und Papiergeld sind schon vollwertiges Nationalbankgeld und das prägt das allgemeine Geldverständnis. Jedes Kind begreift Vollgeld. Wer den folgenden Satz versteht, weiß was Vollgeld ist: „Die Nationalbank schöpft Vollgeld in Form von Münzen, Papiergeld und Giralgeld und bringt es über die Staatsausgaben oder Zuteilung an uns Bürgerinnen und Bürger in Umlauf, so dass wir alle es benützen können.“
Dagegen versteht unser heutiges Bankengeld fast niemand. Es ist unmöglich unser bestehendes Geldsystem in einem Satz zu erklären. Wir erhalten von den Banken geschöpftes Giralgeld, das über Kreditvergabe, also durch Forderungen und Verpflichtungen, entsteht. Dieses Bankengeld ist nicht vollwertig, denn es ist nur eine Forderung gegenüber der Bank und es ist nicht vollständig, denn zu jedem Guthaben gehört immer eine Schuld. Jede Bank hat ihr eigenes Geldterritorium, es gibt UBS-CHF, CS-CHF, Raiffeisen-CHF, usw. Das Papiergeld der Nationalbank vermischt sich mit diesem Banken-Giralgeld. Die Nationalbank schöpft auch Giralgeld, doch das bleibt bei den Banken und wir bekommen es nie zu sehen.
Wenn Sie das jetzt nicht verstehen, macht das überhaupt nichts, denn die meisten Politiker, Journalisten und auch viele Ökonomen verstehen es bislang auch nicht. Durch seine Undurchschaubarkeit ist das heutige Geldsystem vor allem für eine professionelle Finanzoligarchie geeignet, die die Unwissenheit der anderen ausnützen können. Dagegen ist das Vollgeld-System durch seine Einfachheit demokratietauglich. Das ist sehr wichtig, denn das Geldsystem gehört uns Bürgerinnen und Bürgern.

Mach bitte mit!

Anmerkungen:
(1) blog.postwachstum.de/die-vollgeldreform-ein-wichtiger-schritt-in-die-postwachstumsokonomie-20130317
(2) www.iconomix.ch/fileadmin/user_upload/docs/agenda/130907/fachtagung2013_folien_lenz.pdf
(3) Deutsche Bundesbank, Geld und Geldpolitik, Stand: Herbst 2010, S. 68, www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Service/Schule_und_Bildung/geld_und_geldpolitik_kapitel_3.pdf
(4) Jackson, Andrew und Dyson, Ben: Modernising Money, Why our monetary system is broken and how it can be fixed, London, 2012, S. 21
(5) Gocht, Rolf: Kritische Betrachtung zur nationalen und internat. Geldordnung, Berlin, 1975

Teil 1; Teil 2

Über Akademie Integra

Als ich wusste, dass ich nicht wusste, was ich nicht wusste, hat mich die geistige Führung endgültig an den Rand der Verwirrung gebracht. Doch ich machte weiter, ...bis ich endlich fand!
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