Frieden lernen

von Alfred Buß aus „ARD“

 

Ein russischer Schriftsteller sah Kindern beim Spielen zu.

Was spielt ihr fragte er.

Wir spielen Krieg, sagten die Kinder.

Darauf der Schriftsteller: Spielt doch mal Frieden.

Gute Idee, meinten die Kinder.

Dann Beratung, Tuscheln, Schweigen. Schließlich trat ein Kind vor und fragte:

Großväterchen, wie spielt man Frieden?

Wie spielt man Frieden?

 Vor genau 100 Jahren war Mobilmachung in Europa. Ausbruch des 1. Weltkriegs. Junge Leute meldeten sich freiwillig. Kriegsbegeistert. Siegessicher. Hatten gelernt, Krieg zu spielen von Kindesbeinen an – mit Helmen, Säbeln, Steckenpferden,Tschinderassassa. Gott mit uns stand auf ihren Koppeln, als sie in die Schlacht zogen.

Als der Krieg endlich zu Ende ging, hatten 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren. Und noch viel mehr waren tief verwundet an Leib und Seele – für ihr ganzes Leben.

Jetzt – hundert Jahre danach – werden wieder Unzählige traumatisiert – in Israel und Gaza, in der Ukraine. An schrecklich vielen Orten gibt’s Krieg und Kriegsgeschrei.

Und wieder klingt’s: Gott mit uns! Gotteskrieger wüten im nördlichen Irak. Pervertieren Religion. Maßen sich an, selber Gott zu sein, Herren über Leben und Tod. Verjagen und ermorden brutal Schiiten, Christen und kurdische Jesiden – nur, weil die anders sind als sie.

Gestern griff Obama ein. Will Verfolgte schützen und versorgen. Völkermord hindern. Hoffentlich bleibt’s dabei.

Es gibt nicht den gerechten Krieg. Es gibt nur den gerechten Frieden. Bush’s verheerender Irak-Krieg machte erst die Gotteskrieger stark.

Wer Frieden will, der muss den Frieden vorbereiten. Mit langem Atem. Gestern feierte Augsburg sein Friedensfest. Nun schon seit mehr als 360 Jahren. Damals hatte der 30jährige Krieg getobt in der Mitte Europas, zwischen katholischen und protestantischen Ländern. Gotteskrieger auf beiden Seiten. Kämpften um politische und wirtschaftliche Macht. Ganze Landstriche wurden verwüstet und geplündert, bluteten aus – bis zur Erschöpfung.

Dann endlich der Westfälische Friede. Mit zwei grundlegenden Erkenntnissen. Die eine: Keine Religion darf herrschen. Es braucht Toleranz und Respekt. Die andere: Der Staat ist nicht für das Seelenheil der Menschen zuständig. Aber für ihr Wohl. Er muss auch die Glaubens- und Gewissenfreiheit garantieren.

In Augsburg durften die Protestanten wieder ihren Glauben leben -, gleichberechtigt – zwei Jahre nach dem Westfälischen Friedensschluss. Seitdem feiern sie Friedensfest – immer am 8. August. Wohlgemerkt, Protestanten und Katholiken gemeinsam.

Das Hohe Friedensfest ist sogar gesetzlicher Feiertag im Stadtkreis Augsburg, seit 1950 –- einzig in der Welt.

Inzwischen feiern Menschen aller Völker und Religionen dort gemeinsam. Bringen Speisen und Getränke selber mit, nehmen an der Tafel Platz, teilen kulinarische Köstlichkeiten, feiern ein Friedensmahl.

Wie spielt man Frieden? fragten die Kinder. Frieden ist Buntheit und Vielfalt. Wenn alle leben dürfen – in ihrer Muttersprache, Kultur, Lebensart und Religion. Gleichberechtigt. Frieden ist der Ernstfall. Überall auf der Welt. Darum müssen Kinder ihn spielend lernen. Und Erwachsene alle Wege wirklich gehen, die zum Frieden führen.

Quelle

Über Akademie Integra

Als ich wusste, dass ich nicht wusste, was ich nicht wusste, hat mich die geistige Führung endgültig an den Rand der Verwirrung gebracht. Doch ich machte weiter, ...bis ich endlich fand!
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Eine Antwort zu Frieden lernen

  1. Hans-Christian Heydecke schreibt:

    So ein Friedensfest sollte man überall einführen, ich finde das gut. Man kann ja darüber nachdenken, wie man es ggf. besser

    Oder eindringlicher Machen kann, ohne daß es Mitmenschen abstößt…

    _____

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